Mehr Kreislauf, weniger Müll: Verpackungen fit fürs Recycling
Ein Pionierprojekt geht zu Ende. In den vergangenen drei Jahren erforschten das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) und die Montanuniversität Leoben (MUL) zusammen mit 23 Unternehmen im Projekt „flex4loop“ innovative Lösungen für eine nachhaltige Verpackungskreislaufwirtschaft.
Im Mittelpunkt des Projekts standen die Rückgewinnung und das Recycling von sortenreinen PE (Polyethylen)- und PP (Polypropylen)-Folienfraktionen. Diese sind in vielen Lebensmittelverpackungen enthalten, aufgrund ihrer komplexen Materialzusammensetzungen aber schwer zu sortieren und zu recyceln.
In den ersten beiden Jahren lag der Forschungsfokus auf recyclinggerechtem Verpackungsdesign. Oberste Prämisse dabei war, den hohen Produktschutz von z. B. Wurstwaren, Käse, Kaffee oder Trockenprodukten zu gewährleisten und gleichzeitig die Anforderungen an die Maschinengängigkeit zu erfüllen.
„Bei einigen für die Tests verwendeten Verpackungen erzielten wir eine hohe Recyclingfähigkeitsbewertung von über 80 Prozent bzw. sogar über 95 Prozent. Damit erfüllen wir bereits jetzt künftige Anforderungen der Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR)“, bestätigt OFI-Experte Michael Krainz.
Es handelte sich dabei um bedruckte PP-basierte Schlauchbeutel, thermogeformte Tiefziehschalen mit bedruckter Siegelfolie sowie unbedruckte Schrumpffolien auf PE-Basis.
Im Zuge der Untersuchungen zeigte sich aber auch Unerwartetes, wie Krainz berichtet: „Beim Bemessen der Recyclingfähigkeit mithilfe der bewährten cyclos-HTP-Methode haben wir erkannt, dass eine bedruckte metallisierte PP-Folie im Nahinfrarot (NIR) der Sortieranlagensimulation zwar gut als PP erkannt und als richtige Fraktion ausgetragen wird, die Art des Druckbildes jedoch das Ergebnis beeinflussen kann. Die nicht ausreichende Erkennung führt dazu, dass das Material als unzureichend recyclingfähig bewertet wird.“
Die vom Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft (AVAW) der MUL durchgeführten Sortierversuche mit bedruckten PP-Schlauchbeutelverpackungen und PP/EVOH/PP-Tiefziehschalen mit bedruckter PP/EVOH/PP-Siegelfolie zeigten sehr hohe Sortiertiefen von mehr als 80 Prozent.
„Zum Ermitteln der Sortiertiefe haben wir die Schlauchbeutelverpackungen und Tiefziehschalen mit Material aus der LVP-Sammlung vermischt und das Verhalten dieser neuen, recyclingfähigen Verpackungen in realem Abfallstrom auf einer Technikumsanlage nachgestellt“, erklärt Gerald Koinig von der MUL.
Verwendet wurden drei Tiefziehschalen mit unterschiedlichen Druckmustern. Hierbei hat sich gezeigt, dass die erreichbare Sortiertiefe stark von der Druckfarbe abhängt. Tiefziehschalen, deren Siegelfolie mit dunkelgrüner Farbe bedruckt wurde, waren sowohl auf der Technikumsanlage als auch in Laborversuchen im NIR schwieriger zu detektieren als idente Tiefziehschalen mit hellblauer und rostbrauner Bedruckung. Die erreichte Sortiertiefe lag bei nur 72 Prozent. „Das haben wir auch bei dunkelgrün bedruckten Kaffeeverpackungen beobachtet. Unser Fazit: Die Art der Bedruckung ist ausschlaggebend für die geringe Sortiertiefe“, resümiert Koinig.
Die bedruckten PP-Schlauchbeutelverpackungen waren in der NIR-Spektroskopie mit charakteristischen Peaks bei etwa 1250 nm und 1350 nm eindeutig erkennbar. Limitierend für die Sortiertiefe hat sich hingegen die geringe Dichte der entleerten, geöffneten Verpackungen gezeigt, denn sie führte zu einem unvorhersehbaren Verhalten der Verpackungen auf dem Förderband: Die Verpackungen wanderten zwischen Erkennung und Austrag und konnten damit nicht zuverlässig ausgetragen werden. Die Sortiertiefe lag bei nur 57 Prozent. „Dieses Problem haben wir behoben, indem wir die Schlauchbeutel mit anderen Verpackungsabfällen zusammen aufgegeben haben. Diese Partikel wirken stützend auf den Materialfluss, sodass sich die Schlauchbeutel auf dem Förderband weniger bewegen. Mit der Zugabe anderer LVP-Abfälle erreichten wir eine Sortiertiefe von 80 Prozent“, betont Koinig.
Im zweiten und dritten Projektjahr untersuchten die MUL und das OFI neben zwei Schlauchbeutelfolien mit Sauerstoffbarriere auch zwei Tiefziehverpackungen mit Siegelfolie und Sauerstoffbarriere. Ziel war, den Einfluss von möglichen Störstoffen wie Druckfarbe, Kaschierklebstoff oder Sauerstoffbarriere (EVOH bzw. PVOH) unter Kontrolle zu bringen. Hierzu wurden Verpackungen nach Möglichkeit in handelsüblicher Form bedruckt, kaschiert, metallisiert und mit Sauerstoffbarriere ausgestattet. Zum Vergleich wurden Einzelkomponenten unbedruckt bzw. ohne Metallisierung, ohne Klebstoff und ohne Sauerstoffbarriere zu Regranulat verarbeitet und im Spritzguss mit 100 Prozent Regranulatanteil zu Probekörpern verarbeitet. „In den Versuchen zeigte sich, dass weder die eingesetzte Bedruckung oder Metallisierung noch der Klebstoff oder die Sauerstoffbarriere die mechanische Rezyklatqualität beeinträchtigen. Es konnten nur sensorische Abweichungen, die aus der Bedruckung oder dem Klebstoff resultieren, erfasst werden. Sogar die Oxidationsinduktionszeit bzw. -temperatur zeigte in vielen Fällen höhere Werte bei den Rezyklaten der handelsüblichen Mehrschichtfolien als bei den Einzelkomponenten“, sagt Krainz.
Konzepte mit hoher Recyclingfähigkeitsbewertung überzeugten durchwegs auch hinsichtlich der Rezyklatqualität. Mechanische Kenndaten, die das OFI aus dem Zugversuch und der Kerbschlagzähigkeit an spritzgegossenen Probekörpern aus 100 Prozent Rezyklat erhoben hat, wiesen bei drei von vier Verpackungskonzepten keine signifikanten mechanischen Unterschiede zwischen den Mehrschichtfolien und den Einzelkomponenten ohne mögliche Störstoffanteile auf.
Zusätzlich extrudierte das Projektteam Folien und produzierte extrusionsgeblasene Flaschen aus den Rezyklaten der Mehrschichtfolien und den Einzelkomponenten ohne mögliche Störstoffanteile. „Doch hier stießen wir beim Verarbeiten der meisten Rezyklate an die Grenzen“, erzählt Krainz. „Es konnten zwar noch einigermaßen stabile Folien extrudiert werden, aber es war nicht mehr möglich, einen stabilen Folienschlauch für die Flaschen zu erhalten. Daher laufen aktuell weitere Versuche, bei denen wir einen Rezyklatgehalt von zehn bis 30 Prozent in Kombination mit handelsüblichem PCR-Material für die Folienproduktion verwenden.“
Das Projekt zeigt: Lebensmittelverpackungen mit hohem Produktschutz und guter Maschinengängigkeit sind auch mit Recyclingfähigkeiten über 80 Prozent für viele Anwendungen bereits jetzt umsetzbar. Zugleich wird die Qualität aus Sicht der mechanischen Parameter rezyklierter Verpackungen für die aus dem flexiblen Polyolefin-Sortierstrom vorgesehene Spritzgussanwendung sehr hoch eingestuft. „Vor allem konnten wir keinen negativen Einfluss von EVOH in Anteilen bis zehn Prozent, den untersuchten Druckfarben oder Kaschierklebstoffen erkennen“, bestätigt Krainz.
Projektlaufzeit: 01.06.2022 - 31.03.2025
Dieses von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützte Projekt wird vom Lebensmittel- und Kunststoff-Cluster der oö Standortagentur Business Upper Austria geleitet und wissenschaftlich von OFI und der Montanuniversität Leoben begleitet.