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Heimische Automobilbranche gestaltet Mobilität von morgen: Lokal entwickelt, global erfolgreich, nachhaltig hergestellt

140 Interessierte kamen zur automotive.2022 des Automobil-Clusters Oberösterreich. © Peter Bodingbauer
140 Interessierte kamen zur automotive.2022 des Automobil-Clusters Oberösterreich. © Peter Bodingbauer

07.07.2022

Das drohende Verbrenner-Aus in Europa, brüchige Lieferketten, Material- und Personalmangel – an Herausforderungen für die Automobilindustrie und deren Zulieferer mangelt es derzeit nicht. Umso intensiver diskutierten bei der Branchenkonferenz „automotive 2022“ im Oberbank Donau Forum in Linz 140 Unternehmensvertreter:innen Lösungen und Zukunftschancen.

„Wir stehen in einem Boxring voller komplexer Herausforderungen“, fasst Florian Danmayr, Manager des Automobil-Clusters Oberösterreich, das Stimmungsbild in der Branche zusammen. Doch es gebe viel Positives in diesen verrückten Zeiten zu berichten: „Kein einziger der 280 Partnerbetriebe des Automobil-Clusters musste in den vergangenen Jahren zusperren, weil alle – vom Mitarbeiter bis zum obersten Manager – die Stärken des Standorts eingesetzt haben: das vorhandene Know-how nutzen, Einsatz zeigen, kreative, innovative Ideen einbringen und in die Tat umsetzen.” Ein Patenrezept für die Zeit nach dem Herbst hat auch Danmayr nicht, denn das wäre der sprichwörtliche Blick in die Glaskugel. „Die größte Herausforderung wird wohl sein, die passenden qualifizierten Mitarbeiter:innen zu finden”, schloss er.
 

Fachkräftemangel

Auch Karl-Heinz Rauscher, Vorsitzender der oö. Fahrzeugindustrie, sparte.industrie der WKOÖ, nannte den Arbeitskräftemangel als größte Herausforderung. Um die Klima- und Umweltziele zu erreichen, müsse die Technologieneutralität gewährleistet bleiben. “Es braucht eine internationale Zusammenarbeit bei der CO2-Besteuerung und bei Ökosteuern sowie eine Entbürokratisierung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, wenn wir den Technologiewandel stemmen sollen”, betonte Rauscher.
 

Herausforderung Energieerzeugung

Walter Böhme, Vorstandsmitglied im Verein für Kraftfahrzeugtechnik, zeigte auf, dass es zwar für praktisch jede Anforderung – vom Pkw bis zum Frachtschiff – alternative Antriebssysteme gibt: vom batterieelektrischen Antrieb über die Brennstoffzelle bis zum Wasserstoffmotor. Die große Problematik liege aber in der Energiebereitstellung. „Vom weltweiten Energieverbrauch entfallen momentan 80 Prozent auf Öl, Gas und Kohle“, sagte Böhme. Bei gleichzeitig stark steigender Nachfrage nach Mobilität liege der Schlüssel für nachhaltige Mobilität daher in einem massiven, schnellen Ausbau von erneuerbarer Energieerzeugung. Einen Königsweg, eine Energieform für alle Zwecke, sieht Böhme aber nicht: mehrere Technologien müssten parallel verfolgt werden, um die Klimaziele für den Mobilitätssektor bis 2050 zu erreichen.
 

Finanzierung und Nachhaltigkeit

Dass Nachhaltigkeit nicht nur ein Energiethema ist, sondern auch für die Finanzierung eine immer größere Rolle spielt, zeigten die Expert:innen der Oberbank auf. Claus Retschitzegger, stellvertretender Abteilungsleiter Corporate & International Finance bei Gastgeber Oberbank, betonte schon in seinen Begrüßungsworten: „Innovation, lokal, global und nachhaltig beschäftigt die ganze Wirtschaft, auch uns Banken. Das Thema Nachhaltigkeit wird unser Leben verändern und wir werden aufgrund der Vorschriften der EU-Taxonomie künftig alle Investments unserer Kunden prüfen müssen.”
 

Veränderung der Kundenbeziehung

Was das für die Unternehmen und die Banken als Finanzierungspartner konkret bedeutet, erklärten Hannes Auzinger und Brigitte Bösenberg von der Oberbank in ihrer gemeinsamen Session genauer. „Wir benötigen künftig eine Menge von Daten unserer Kunden, weil wir Investitionsvorhaben, die wir finanzieren sollen, nicht nur nach ökonomischen, sondern auch nach Nachhaltigkeitskriterien bewerten müssen”, sagten die beiden Expert:innen. Künftig werde es einmal im Jahr mit jedem das bewährte Kundengespräch geben, das aber um die Nachhaltigkeitsthemen erweitert wird. Die Oberbank hat ihre Mitarbeiter:innen dafür speziell geschult. Unternehmen finden auf der Oberbank-Website umfangreiche Tipps, wie sie sich auf das Nachhaltigkeitsgespräch am besten vorbereiten.
 

E-Mobilität: Batterien bestimmen die Zukunft

Wie tiefgreifend E-Mobilität die Automobilindustrie verändert, wurde in den Vorträgen von Markus Kreisel (Kreisel Electric) und Stephan Fester (SAP) klar. „Batterien sind eine Industrie für sich selbst. Es gibt viele neue Player am Markt, es gibt unterschiedliche Strategien der Hersteller – und auf der Rohstoffseite eine starke Abhängigkeit von China”, fasste Stephan Fester zusammen. Als teuerster und CO2-intensivster Komponente eines Elektrofahrzeugs sei bei der Batterie der Weg Richtung Kreislaufwirtschaft vorgezeichnet – einerseits durch gesetzliche Vorschriften, vor allem in Europa, andererseits durch die bewusste Nachfrage der Kund:innen. „Um den CO2-Fußabdruck über den gesamten Lebenszyklus hinweg messen zu können – von der Mine bis zum Recycling – braucht es einen Datenaustausch über die gesamte Lieferkette hinweg”, erklärte Fester. SAP hat dafür ein Netzwerk aufgebaut.
 

Kreisel Electric wächst

Mit Batterietechnologie-Innovationen für Spezialanwendungen punktet das Mühlviertler Unternehmen Kreisel Electric. „Wir haben vor allem, was Sicherheit, Leistung und Kosteneffizienz betrifft, intensiv entwickelt und geforscht”, berichtete Markus Kreisel. Die patentierte Immersionskühlung erhöht beispielsweise die Lebensdauer und bringt Vorteile beim Laden außerhalb des optimalen Temperaturfensters: „In nur sieben Minuten schaffen wir es, unsere Batterien bei einer Außentemperatur von minus fünf Grad auf die optimale Betriebstemperatur von 15 Grad zu heizen.“ Mit dem neuen strategischen Partner John Deere, der die Mehrheit an Kreisel hält, will Kreisel in den kommenden Jahren sowohl in Europa als auch in den USA Produktionskapazitäten aufbauen. Die Zeichen stehen jedenfalls auch in Rainbach auf Wachstum: Von derzeit knapp 200 soll der Mitarbeiterstand auf 300 steigen. Kreisel tüftelt derzeit an einem autonom fahrenden Traktor. Im Off-Highway-Bereich sowie bei der Marine strebt das Unternehmen 15 Prozent Marktanteil an.
 

Nachhaltiger öffentlicher Verkehr

Noch weiter nördlich, im tschechischen Pilsen, setzt sich Skoda Transportation mit dem öffentlichen Verkehr der Zukunft auseinander. „Saubere Schienenfahrzeuge und (O-)Busse tragen in einer immer urbaner werdenden Welt zu nachhaltiger Mobilität bei“, war Tanya Altmann, Chefin der Bussparte, überzeugt.
 

Automatisierte Mobilität und Digitalisierung

Dem Faktor Mensch widmeten sich Audio-Mobil-Elektronik-Chef Thomas Stottan und eine Kooperation der Med Uni Graz mit Magna International. Thomas Stottan, Geschäftsführer der Audio Mobil Elektronik GmbH, betonte, dass Ablenkung die Hauptursache für Unfälle ist und daher die Usability von Informations- und Fahrassistenzsystemen entscheidend zur Unfallvermeidung beitragen kann. Mit der ÖNORM 5090 können die Hersteller nun Ablenkungspotenziale feststellen. Bis dato seien die Entwicklungstrends der Automobilbranche produktfokussiert, müssten aber nutzerorientierter werden. „Die Techniker sollten sich mehr am Menschen orientieren und Produkte handhabbar machen. Denn: Das Ziel muss die Humanisierung der Technik sein, nicht die Technisierung des Menschen“, appellierte Stottan. Die Uni und der Autohersteller arbeiteten gemeinsam an der Frage, wie man die Müdigkeit bei Autofahrer:innen reduzieren kann – und nutzten dabei das Wissen der Chrirurgen, die teilweise stundenlang im Operationssaal stehen. Und sie denken weiter: „Es geht um neue Produkte und Lösungen für das Wohlbefinden der Menschen, wenn sie im Auto nur mehr Passagier sind“, sagte der Chirurg Lars-Peter Kamolz.
 

Autonomer Güterverkehr

Wie weit es bis zum autonomen Fahren noch – oder nicht mehr – ist, zeigte die Geschäftsführerin der DigiTrans GmbH, Eva Tatschl-Unterberger. Sie berichtete über den Status Quo und nannte Beispiele wie Robotaxis, Shuttlebusse oder Teslas Autopilot L2 System. „Es dauert aber noch, bis wir unsere Kinder ins Auto setzen und zu den Großeltern schicken können“, sagte Tatschl-Unterberger. Die Marktführer Waymo und Cruise sowie Mercedes und Volkswagen investieren jährlich Milliarden in die Technologie. Witterungsbedingungen, Energieverbrauch oder die Szenarienvielfalt auf den Straßen stellen komplexe Herausforderungen dar und verlangen nach Lösungen. DigiTrans stellt dafür Know-how und Testinfrastruktur für das Erproben von autonomen Nutz- und Transportfahrzeugen zum Beispiel in St. Valentin zur Verfügung. Unter anderem wird in einem großen EU-geförderten Projekt – AWARD – automatisierter Gütertransport unter realen Wetterbedingungen getestet. Tatschl-Unterberger betonte aber mehrfach, dass noch viel Arbeit notwendig sein wird, automatisiertes Fahren werde sich aber sicherlich durchsetzen.
 

Radar-Kompetenz in Linz

Um automatisiertes Fahren Realität werden zu lassen, braucht es eine Reihe von Sensoren, die wie die menschlichen Sinne arbeiten. Hier ist die Infineon Technologies Linz GmbH & Co KG einer der Spezialisten. Das Unternehmen entwickelt und produziert Radarsensortechnologie für die Automobilindustrie. Damit sollen automatisierte Fahrzeuge sicherer und die Unfallzahlen reduziert werden. Dafür seien Advanced Driver Assistance Systems (ADAS) die Grundlage. Burkhard Neurauter, Head of Radar Product & Test Engineering, ist überzeugt: „Mit Komfort kann hier Vertrauen bei den Nutzer:innen geschaffen werden.“ Neurauter betonte auch das hervorragende F&E-Ökosystem in Oberösterreich: „In Oberösterreich herrschen die optimalen Bedingungen für unsere Entwicklungen, weil das technische Know-how nicht nur in den Unternehmen, sondern auch in den Forschungs- und Bildungseinrichtungen vorhanden ist. In Verbindung mit den Förderungen der öffentlichen Hand ist der Weg von der wissenschaftlichen Forschung zum marktreifen Produkt kurz.“
 

Strategien für erfolgreiches Verhandeln

Handfeste Praxistipps für Preisverhandlungen lieferte Strategieberater Hans Andreas Fein: „Überlegen Sie sich mindestens fünf Forderungen, packen Sie nicht alles in eine einzige Forderung. Dann kann der Einkäufer vielleicht dreimal Nein sagen, aber zweimal sagt er vermutlich Ja“, lautet eine dieser Weisheiten. Fazit: Wer gut vorbereitet in Preisverhandlungen geht und dem Einkäufer Argumente liefert, die er in seinen Gremien als Erfolgsstory präsentieren kann, hat gute Chancen, Preiserhöhungen durchzusetzen. Vertiefen können Interessierte dieses Wissen in einem zweitägigen Seminar des Automobil-Clusters am 21. und 22. Juli.
 

Seminartipp:

Hans Andreas Fein: Verhandlungsstrategien für Preiserhöhungen in der aktuellen Rohstoffkrise
>> Details und Anmeldung


Bildergalerie

Burkhard Neurauter, Head of Radar Product & Test Engineering, Infineon Technologies Linz GmbH & Co KG © Peter Bodingbauer
Burkhard Neurauter, Head of Radar Product & Test Engineering, Infineon Technologies Linz GmbH & Co KG © Peter Bodingbauer

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