Mutig in die neuen Zeiten

Jahrestagung HR Connect(s) führte 400 HR-Verantwortliche auf neue (unbequeme) Wege

Anna Pollhammer, Innoviduum GmbH © Cityfoto/Pelzl
Anna Pollhammer, Innoviduum GmbH © Cityfoto/Pelzl
Der Marmorsaal im Stift St. Florian war bis auf den letzten Platz besetzt. © Cityfoto/Pelzl
Der Marmorsaal im Stift St. Florian war bis auf den letzten Platz besetzt. © Cityfoto/Pelzl
Werner Pamminger, Geschäftsführer Business Upper Austria © Cityfoto/Pelzl
Werner Pamminger, Geschäftsführer Business Upper Austria © Cityfoto/Pelzl
Moderatorin Conny Dürnberger und Bernhard Winkler, geschäftsführender Gesellschafter TRESCON Betriebsberatung © Cityfoto/Pelzl
Moderatorin Conny Dürnberger und Bernhard Winkler, geschäftsführender Gesellschafter TRESCON Betriebsberatung © Cityfoto/Pelzl
Cornelia Bründlinger, Wiener Stadtwerke © Cityfoto/Pelzl
Cornelia Bründlinger, Wiener Stadtwerke © Cityfoto/Pelzl

13.09.2024

Noch nie hatten HR- und OE-Abteilungen so viele Herausforderungen wie jetzt zu meistern. Und noch nie hatten Sie so viele Möglichkeiten wie jetzt, mutig Neues zu wagen. Das war der einhellige Tenor der HR Connect(s), der Jahrestagung der Abteilung Human Capital Management (HCM) der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria. Mehr als 400 Interessierte waren der Einladung ins Stift St. Florian gefolgt.

In den Vorträgen und Keynotes herrschte eine weitere einstimmige Meinung vor: Ja, es braucht Mut für neue Ansätze. Wenn man eine klare Vision, ein attraktives Zukunftsbild hat und die Führungskräfte davon überzeugt sind, dann motiviert das auch die Belegschaft, den Wandel mitzutragen, sich zu verändern und die Ziele zu erreichen. Und ja, es ist manchmal unbequem, diese neuen Wege zu beschreiten. Ganz im Sinne des Titels der HR Connect(s): „Zeit für MUT! Wie HR auf neue (unbequeme) Wege führt!“ Business Upper Austria Geschäftsführer Werner Pamminger eröffnete die Tagung mit den Worten: „Mit 400 Teilnehmer:innen ist die HR Connect(s) mittlerweile eine der größten HR-Veranstaltungen in ganz Österreich. Vor ein paar Jahren starteten wir mit weniger als 100 Teilnehmer:innen. Seit zwei Jahren stehen wir vor wirtschaftlichen Herausforderungen. Mehr denn je brauchen wir Mut, um die Zukunft zu gestalten.“

Auf Kandidaten zugehen

Isabelle Welpe von der Technischen Universität München brachte viele erfolgreiche Beispiele von mutigen Unternehmen. Ein Logistik-Start-up, das nie Menschen mit Logistikausbildung einstellte, um pfiffige Talente zu haben, die alles neu denken und infrage stellen. Das Forschungszentrum von SAP, in dem jede zweite Stelle für Studierende reserviert ist, um die künftigen Mitarbeitenden schon während des Studiums zu rekrutieren. Oder Unternehmen in den USA, die das Personalbudget um ein Viertel kürzen, der Belegschaft KI-Tools in die Hand geben und so die Produktivität enorm steigern. Welpe empfahl: „Schreiben Sie Stellen in Englisch aus. KI hilft Ihnen dabei. Und warten Sie nach der Stellenausschreibung nicht auf Bewerbungen, sondern gehen Sie aktiv auf die passenden Zielgruppen zu – am besten schon während ihrer Ausbildung.“

Führungskraft muss mitmachen

Cornelia Bründlinger hat bei den Wiener Stadtwerken die Abteilung Change Management aufgebaut. Sie hat den Vorstand davon überzeugt, an der Vision „Wer sind wir als Ganzes?“ zu arbeiten. Ergebnis war das Ziel: Wir machen Wien klimafit. Bründlinger klärte auf, wie Change gelingt: „Change gelingt nur, wenn die Führungskraft mitmacht. Change kann man auch nicht anordnen oder ausrollen, weil Menschen eine eigene Vorstellung davon haben, was sinnvoll ist. Und Change braucht einen Driver.“ Angst oder Lust können solche Driver sein, man müsse aber vor allem auf das Positive achten. „Wichtig ist auch, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Fünfjahrespläne schmieden funktioniert nicht“, betonte Bründlinger.

New Work braucht am meisten Mut

Philipp Almhofer von StepStone präsentierte die Ergebnisse einer Umfrage, die gemeinsam mit HCM unter 100 HR-Verantwortlichen durchgeführt wurde. Am mutigsten bezeichneten sich kleine HR-Teams von bis zu fünf Leuten. Auf die Frage, welche Themen aktuell am meisten Mut brauchen, antworteten die meisten: das Etablieren von New Work, die HR zu digitalisieren und neue Wege beim Employer Branding.

Den Resilienten gehört die Welt

UN-Dolmetscherin und Konfliktmanagerin Susanne Kilian hob die Macht der Worte und deren Bedeutung bei der Integration von Internationals hervor. „Wir müssen den Internationals das Gefühl geben: Es ist schön, dass du da bist!“ betonte Kilian. Dafür brauche es Mut zur Selbstreflektion – sprich: Man müsse sich unbequeme Fragen stellen wie: Wissen wir, wie es sich anfühlt, täglich Bestleistungen in der Fremdsprache erbringen zu müssen? Verstehen wir, wie unser Gehirn auf verletzende Worte reagiert? „Denn Ironie wird in der Fremdsprache oft nicht verstanden.“ Sie verwies darauf, dass es eine Atmosphäre des Wohlfühlens brauche. Nur so werden Internationals resilient. Arbeitgeber profitieren, weil sie internationale Teams dadurch erfolgreich machen. Und weil sie sie auf die Herausforderungen globaler Märkte vorbereiten. „Den Mutigen und den Resilienten gehört die Welt“, schloss die Expertin.

Diversität bei Arbeitern

Johanna Rieser berichtete vom Diversitätsmanagements bei Arbeiter:innen in der voestalpine Stahl GmbH. Eine eigene Projektgruppe organisiert umfangreiche Aktivitäten. „Allein am Standort Linz arbeiten 50 verschiedene Nationalitäten. Von den 11.000 Beschäftigten sind 7.000 Arbeiter:innen. Die positiven Effekte von Diversität sind da weniger wirksam als bei gut ausgebildeten Angestellten“, schilderte Rieser. Damit die Zusammenarbeit gelingt, hat die Projektgruppe Kommunikationsregeln erarbeitet, mehrsprachige Unterlagen aufgelegt und mehrsprachige Videos über die Sicherheitsrichtlinien produziert. Regelmaßig findet ein „Diversity Day“ statt, an dem viele Themen sehr offen diskutiert werden. Dabei geht es beispielsweise um sexuelle Orientierung, kulturelle Unterschiede bei Hygiene oder alltägliche Erschwernisse für Frauen.

New Freizeit statt New Work

New-Work-Experte Hans Rusinek von der Universität St. Gallen gab Tipps, wie Mitarbeitende produktiver werden können. „Es ist wichtig, mehrere Sinnquellen zu schaffen. Macht aus der Arbeit keine Religion, es gibt auch Hobbies oder Familie“, sagte Rusinek und appellierte: „Lasst Menschen ihre Arbeit machen und unterbrecht sie nicht ständig. Animiert sie herauszufinden, welche Chronotypen sie sind, also zu welcher Tageszeit sie am produktivsten sind.“ Statt auf New Work setzt der Experte auf „New Freizeit“, in der es darum gehe, sich tatsächlich zu regenerieren. „Was soll rauskommen, wenn ich den ganzen Tag in Meetings sitze und am Abend eine Strategie schreiben soll? Das kann nicht funktionieren“, betonte Rusinek.

Best Practices

Patrik Steiner von Magna Steyr entwickelte 2019 die Vision, die HR an den Hunderten Standorten weltweit zu standardisieren und zu vereinheitlichen. Die größte Hürde dabei waren die IT-Schnittstellen für die Datenintegration. Ergebnis ist die Software „workday.“, die 2025 zum Einsatz kommen wird. Jakob Leitner, Geschäftsführer von SPAR Österreich, ließ tief in seinen Führungsstil blicken: „Es geht darum, die Mitarbeiter:innen mitzunehmen, Stärken zu erkennen und sie auf ihrem Weg zu begleiten.“ Sein Wertedreieck besteht aus Leistungsbereitschaft, Leidenschaft und Loyalität; Wahrnehmen, Wertschätzen und Weiterentwickeln sowie schlechte Stimmung erkennen und darauf reagieren. Anna Pollhammer von Innoviduum begleitet Spar seit Jahren bei der Führungsarbeit. „Wir sind in einer ausgeprägten Fehlerkultur aufgewachsen, jetzt müssen wir den Fokus auf positive Leadership richten, denn das hat auch Auswirkungen auf die Kennzahlen“, ist sie überzeugt.

Geschichten motivieren

Storytelling-Experte, Autor und Journalist Markus Gull ist auch als Coach und Mentor tätig. „Wir Menschen denken in Geschichten, das gibt uns Orientierung und Perspektive“, betonte Gull. Unternehmen, die Bedeutung für die Gesellschaft vermitteln können, also eine Geschichte über sich und ihr Tun erzählen können, seien daher erfolgreicher im Recruiting. Gull appellierte: „Wir brauchen eine neue Geschichte, einen Perspektivenwechsel, der Mut macht. Wie die Reinigungskraft, die sagt: Ich putze nicht die Klos, ich schaffe einen Raum für Lebensqualität.“

Jetzt mutig neue Wege gehen

In 18 Parallelsessions behandelten die 400 Teilnehmer:innen in Kleingruppen ein breites Themenspektrum von Employer Branding über KI-Tools für die HR bis zu Leadership. Manfred Luger, Leiter der Abteilung Human Capital Management bei Business Upper Austria, resümiert: „Wir kennen die großen Herausforderungen und wissen, dass sie bleiben. Bisher ist es darum gegangen, die Fachkräfte zu bekommen, jetzt müssen wir sie auch halten. Dafür braucht es Allianzen zwischen Management und HR, mit den Abteilungen im Unternehmen, mit dem Betriebsrat aber auch mit anderen Unternehmen. Daher muss es jetzt die Mutigen geben, die Neues wagen. Das bedeutet auch, dass wir in den kommenden Jahren in noch weit größerem Ausmaß auf internationale Talente setzen müssen. Denn aus Teilzeit- Vollzeitkräfte zu machen und Menschen länger in Beschäftigung zu halten, wird nicht reichen. Wir als HCM helfen mit praktischem Wissen, damit Sie sich trauen, die Themen anzugehen.“

HRbert

Bei der HR Connect(s) wurde auch der HRbert, der Preis für innovative und nachhaltige Personalarbeit vergeben. Mehr dazu lesen Sie hier.

Kontakt

Unterstützung bei HR-, OE- und Change-Management bietet die Abteilung Human Capital Management bei Business Upper Austria: hcm@biz-up.at +43 732 79810