07.10.2019
Sein Unternehmen hat bereits rund eine Million Euro an EU-Fördergelder erhalten und beschäftigt mittlerweile 47 Mitarbeiter mit 17 verschiedenen Nationalitäten: Martin Schifko, CEO der ESS Engineering Software Steyr GmbH. Beim OÖ Zukunftsforum der oö. Standortagentur Business Upper Austria gab er neben weiteren Experten den Teilnehmern wertvolle Tipps für Förderanträge. Besonders praktisch empfand er die Proposal-Checks, die sowohl von Business Upper Austria als auch von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) angeboten werden.
Industrial Technologies gelten als Schlüssel für die künftige Wettbewerbsfähigkeit Europas. Dazu zählen Nanotechnologien, fortschrittliche Werkstoffe und Produktion, Biotechnologie, IKT und Raumfahrt. Sie stehen daher auch im Fokus des EU-Forschungsrahmenprogramms Horizon 2020 (H2020). Österreich hat bereits 1,27 Milliarden Euro aus diesem Fördertopf erhalten. Oberösterreich befindet sich mit lukrierten 89 Millionen Euro auf Platz vier im Bundesländervergleich, bei den H2020-Projektbeteiligungen sogar auf Rang drei. Bei der H2020-Session im Rahmen des OÖ Zukunftsforums der oö. Standortagentur Business Upper Austria berichteten Unternehmen von ihren Erfahrungen mit der Forschungsförderberatung der Standortagentur und der FFG und gaben – so wie zahlreiche Experten – praktische und hilfreiche Tipps zum Thema Förderanträge.
Martin Schifko, CEO der ESS Engineering Software Steyr GmbH, hat bereits zwei EU-Projekte erfolgreich eingereicht. „Planen Sie genügend Zeit für die EU-Registrierung ein – ich empfehle ein Quartal“, sagte Schifko, „die Projekteinreichung sollte getrieben sein von der Überlegung, wo ich mich als Firma hin entwickeln möchte. Es ist wichtig, nichts einzureichen, was nicht mit der Unternehmensstrategie konform geht, nur um eine Förderung zu bekommen.“ Weiters betonte er, dass es bei den Anträgen nicht darum geht möglichst alles perfekt zu machen, sondern darum, möglichst wenig Abzüge zu bekommen. Das empfiehlt auch Anneliese Pönninger, Business Development Managerin der EV Group. Sie kennt sowohl die Seite des Einreichers als auch die des Antrags-Evaluators. „Meistens ist nicht der Antrag mangelhaft, sondern das wissenschaftlich-technische Konzept selbst zu wenig ausgereift und durchdacht“, sagte Pönninger, „Exzellenz in den Anträgen ist sehr wichtig, Mittelmaß ist sicher zu wenig.“ Den Evaluierungsbericht sollten Unternehmen ihrer Meinung nach wie ein Dienstzeugnis lesen: „Es ist wichtig, zwischen den Zeilen zu lesen, was wirklich Schlechtes wird nie drinnen stehen.“
Keynote-Speaker Doris Schröcker von der Europäischen Kommission gab exklusive Einblicke in das Folgeprogramm Horizon Europe. Warum ein Unternehmen einen Förderantrag einreichen sollte, ist für die Expertin klar: „Es geht nicht nur um das Projekt an sich. Man profitiert auch vom Netzwerk das dabei entsteht und den Marketingeffekten.“ Und: „Man kann Know-how und Expertise aufbauen, die man in Folgeprojekten nutzen kann.“ Schröcker betonte, dass Europa nach wie vor ein Spitzenstandort der Forschung sei: „Aber die privaten F&E-Ausgaben sind in anderen Regionen wie den USA oder China weit höher als in Europa. Die verstärkten Aktivitäten in Forschung und Entwicklung bringen der Industrie in diesen Regionen enorme Wettbewerbsvorteile. Für Europa gibt es noch Steigerungspotenzial.“
Hannes Fachberger, stv. Leiter der Abteilung „Functional Surfaces and Nanostructures“ bei Profactor, war Projektkoordinator bei DIMAP, bei dem die Inkjet-basierte 3D-Druck-Technologie im Fokus stand. Er empfahl, vor dem Stellen des Förderantrags genau zu prüfen, ob man auch beim richtigen Call einreicht. Fachberger ergänzte, dass Projektmanagement allein nicht reiche: „Es braucht auch Dissemination Management, z.B. gemeinsame Messeauftritte, und Exploitation Management, also welcher Partner die Produkte mit welchen Rechten auf den Markt bringen kann.“
Stefanie Kritzinger, Leiterin der Unit Logistics Informatics der RISC Software GmbH, und Harald Sehrschön, Entwicklungsmanager bei der Fill GmbH, gaben Einblicke in das Projekt Boost 4.0. 49 Partner aus 16 Ländern beteiligen sich daran, die EU fördert das Projekt mit 20 Millionen Euro. Beide betonten vor allem die wertvollen Kontakte und den Know-how Aufbau durch das Projekt. „Man bekommt neue Erkenntnisse und kocht nicht nur in seinem Süppchen“, sagte Kritzinger. Sehrschön empfahl: „Bevor man ein Projekt zusagt, sollte man sich immer fragen: Was wird von mir erwartet und passt es in das Geschäftsfeld des Unternehmens?“
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