Das Mühlviertel in zartem Lila

Erste Granit-Lavendel-Ernte und Provence-Exkursion

Michael und Theresa Falkinger aus Putzleinsdorf freuen sich über die erste Lavendelblüte
Michael und Theresa Falkinger aus Putzleinsdorf freuen sich über die erste Lavendelblüte © Christian Fidler
Gruppenbild: Die Exkursionsteilnehmer aus Frankreich und ein Teil des Projektkonsortiums „Mühlviertler Granit-Lavendel“
Die Exkursionsteilnehmer aus Frankreich und ein Teil des Projektkonsortiums „Mühlviertler Granit-Lavendel“ © Biokompetenzzentrum Schlägl
Lavendelfelder und Lavendelernte in Frankreich
Lavendelfelder und Lavendelernte in Frankreich © Biokompetenzzentrum Schlägl
Der geerntete Lavendel trocknet in Frankreich zu Bündeln gebunden an der Luft
Der geerntete Lavendel trocknet in Frankreich zu Bündeln gebunden an der Luft © Biokompetenzzentrum Schlägl
Felix Heckendorn (Leiter FiBl Frankreich), Vincent Clary (Cooperative France Lavande), Jakob Peer (Landwirt und Lavendelbauer), Michael Falkinger (Landwirt und Lavendelbauer)
Felix Heckendorn (Leiter FiBl Frankreich), Vincent Clary (Cooperative France Lavande), Jakob Peer (Landwirt und Lavendelbauer), Michael Falkinger (Landwirt und Lavendelbauer) © Biokompetenzzentrum Schlägl
Die Mühlviertler Lavendelbauern begutachteten die Erntemaschinen der Lavendelproduzenten in der Provence
Die Mühlviertler Lavendelbauern begutachteten die Erntemaschinen der Lavendelproduzenten in der Provence © Biokompetenzzentrum Schlägl

27.09.2021

Seit fast einem Jahr läuft nun das Kooperationsprojekt „Mühlviertler Granit-Lavendel“ im Lebensmittel-Cluster der oö. Standortagentur Business Upper Austria. Während das Projektteam eine Studienreise in die Provence zu den Lavendelproduzenten der Region Drôme unternahm, begann auf den Lavendelfeldern zuhause die erste Blüte. Die Exkursion soll zum Gelingen des Mühlviertler Projekts beitragen. Der Besuch eines französischen Beraters im Mühlviertel wird gerade geplant.

Erfahrungen und Know-how mit Lavendelproduzenten in der Wiege des Anbaus austauschen: Ein Teil der Mühlviertler Projektgruppe unternahm vom 11. bis 14. Juli 2021 eine Exkursion in die Region Drôme in der nördlichen Provence in Frankreich. Das Projekt „Mühlviertler Granit-Lavendel soll von den Einblicken in die Betriebe, vom neuen Wissen über Lavendelkultivierung sowie Kenntnissen über Erntemaschinen profitieren. Der Fokus der Studienreise lag auf der Ernte, der Aufbereitung und der Verarbeitung der Lavendelblüten. Das ist auch der Schwerpunkt des Mühlviertler Projekts. Das Exkursionsziel war bewusst gewählt: Die kleinstrukturierte, hügelige Landschaft der Drôme ist gut mit jener im Mühlviertel vergleichbar. Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau – FiBL France organisierte die Reise, daher konnten die Oberösterreicher die Produktionsstätten direkt besuchen, mit den Produzenten reden und deren Maschinenausstattung zu begutachten.

Aktueller Stand im Mühlviertel

Während das Projektteam die Region Drôme besuchte, begann der Lavendel im heimischen Mühlviertel zu blühen und färbte die Region in einen zarten Lilaton. „Natürlich ist das noch nicht wie in der Provence im Juli und August, denn die Pflanzen wurden erst im vergangenen Herbst gesetzt. Unsere Freude über diesen ersten kleinen Erfolg ist aber groß. Dem Lavendel scheint es im Mühlviertel gut zu gefallen!“ meint die Projektleiterin vom Biokompetenzzentrum Schlägl, Julia Hochreiter. Wie im ersten Jahr üblich, bilden die Pflanzen ihrer Größe entsprechend noch wenige Blüten aus. Gerade recht für die Landwirte, um mögliche Erntetechniken vorab zu testen: „Bei den ersten Versuchen hat sich gezeigt, dass es für den Lavendel einer speziellen Erntetechnik bedürfen wird, wenn er in ein bis zwei Jahren die gewünschte Größe erreicht hat“, erklärt Alois Resch, Anbauberater der Österreichischen Bergkräutergenossenschaft.

Unterschiede bei der Ernte

„Die Landwirte konnten sich von der Exkursion einige Erkenntnisse und Ideen für das Modifizieren und Entwickeln der Erntemaschinen mitnehmen“, sagt Johann Gaisberger, Direktor der Bioschule Schlägl. In einigen Punkten unterscheiden sich die Anbaubedingungen in den beiden Regionen aber: Einerseits funktioniert die Lavendeltrocknung anders. In Frankreich wird die Pflanze großteils an der Luft getrocknet, wohingegen die oberösterreichischen Landwirte dafür Trocknungsanlagen benötigen. Andererseits brauchen die Produzenten aufgrund der ungleichen Bodenbeschaffenheit verschiedene Strategien zur Beikrautregulierung.

Lavendelproduktion in Frankreich

Die in der Drôme geernteten Pflanzen werden zu 95 Prozent zu ätherischem Öl verarbeitet. Die restlichen fünf Prozent verwerten die französischen Landwirte zu Lavendel-Bouquets oder sie verkaufen die Blüten. „Unser Reisedatum war perfekt. Der Lavendel hat geblüht und die Ernte war bereits im Gange“, schildert Michael Falkinger, einer der Mühlviertler Lavendelbauern. „Wir konnten verschiedene Erntemaschinen sogar beim Einsatz auf dem Feld sehen.“ Das oberösterreichische Team war dabei erstaunt darüber, wieviel in Frankreich noch händisch gearbeitet wird. „Unserer Meinung nach wäre durch geeignete mechanische Unterstützung mehr Effizienz möglich.“

Schwierigkeiten in der französischen Produktion

In Frankreich spricht man schon seit einigen Jahren vom sogenannten „Untergang des Lavendels“. Grund dafür ist eine kleine Zikade, die das Bakterium Stolbur-Phytoplasma überträgt. Dieses verstopft die Saftströme des Lavendels, was zum Absterben der Pflanze führt. Effektive Bekämpfungsmaßnahmen zu finden ist schwierig. Bulgarien und Rumänien produzieren daher mittlerweile größere Mengen an Lavendel als Frankreich. „Der Markt für Öl ist in Europa fast übersättigt, auch im Bio-Bereich. Die Länder aus dem Osten sind dabei eine starke Konkurrenz für Frankreich. Aufgrund der billigeren Arbeitskräfte können sie zu viel günstigeren Preisen verkaufen“, erklärt Karl Dirnberger, Geschäftsführer der Österreichischen Bergkräutergenossenschaft. Bulgarisches Bio-Öl kostet rund 45 Euro pro Liter, französisches Bio-Öl hingegen 150 Euro.

Ausblick in die Zukunft

Nächstes Jahr wird ein Anbauberater aus Frankreich ins Mühlviertel kommen. Er wird sich Felder und Produktion anschauen und dem Team bei der Kultivierung des Lavendels helfen. Überdies ist geplant, dass der Berater die Mühlviertler Projektgruppe bei der Entwicklung einer geeigneten Erntetechnik unterstützt. „Was die Landwirte in Frankreich und Österreich gemeinsam haben: Sie setzen auf hohe Qualität und sind kreative Köpfe, die die Maschinen so gestalten und basteln, wie es für ihren Betrieb passend ist“, betont Julia Hochreiter. Auch die französischen Lavendelbauern könnten vom Wissen der Oberösterreicher profitieren.

Projektdetails

„Mühlviertler Granit-Lavendel“ ist ein zweieinhalbjähriges Projekt der Österreichischen Bergkräutergenossenschaft, dem Biokompetenzzentrum Schlägl und dem Maschinenbau-Unternehmen Mittermair. Ziel der Kooperation ist es, den Lavendelanbau im Mühlviertel zu etablieren. Die gesamte Produktionskette – vom Anbau der Pflanzen über die Entwicklung von Ernte- und Aufbereitungstechniken bis hin zur Produktentwicklung – soll dabei speziell für die kleinstrukturierte Landwirtschaft im Mühlviertel entwickelt und erprobt werden.

Beratung durch Business Upper Austria

Der Lebensmittel-Cluster der oö. Standortagentur Business Upper Austria unterstützte die Projektpartner beim Einreichen des Förderantrags und bei der Koordinierung.

Österreichische Bergkräutergenossenschaft eGen

Die österreichische Bergkräutergenossenschaft eGen verarbeitet seit mehr als 30 Jahren Bio-Kräuter und Bio-Gewürze aus heimischen Anbauflächen auf derzeit ca. 200 Hektar. Vorrangig werden Bio-Tees, Bio-Kräuter und Bio-Gewürze sowie Bio-Gewürzmischungen unter der Eigenmarke „Bergkräuter“, aber auch zahlreiche Produkte für Eigenmarken (private Labels) des Handels produziert.
www.bergkraeuter.at 

Johannes Mittermair e.U. – Maschinenbau

Anfang 2015 gründete Johannes Mittermair in Schönegg das Maschinenbau-Unternehmen Johannes Mittermair e.U. und hat sich als Partner für die Umsetzung innovativer Ideen in praxistaugliche Technologien in der Lebensmittel-Rohstoffverarbeitung etabliert. Privat betreibt der Unternehmer eine kleine Landwirtschaft, in der er immer wieder Kräuter anbaut.
office@mittermair-mb.at 

Forschungsinstitut für biologischen Landbau – FiBL Österreich und Biokompetenzzentrum Schlägl

Das FiBL Österreich ist Schnitt- und Servicestelle in der Forschung und Bindeglied zur Praxis. Das FiBL vernetzt aktiv alle beteiligten Akteurinnen und Akteure entlang der biologischen Lebensmittelproduktionskette.

www.fibl.org 

Das Biokompetenzzentrum Schlägl ist ein Kooperationsprojekt des FiBL Österreichs und der Bioschule Schlägl im Mühlviertel, die praxisnahe Forschung in der Bioregion Mühlviertel umsetzt.
www.biokompetenzzentrum.at 
www.bioschule.at 
 

Dieses Projekt wird aus Mitteln der oö. Wirtschafts- und Forschungsstrategie #upperVISION2030 vom Land OÖ gefördert.