30.03.2022
Das ehrgeizige Ziel: Oberösterreich soll 2030 als Modellregion für Kunststoff-Kreislaufwirtschaft wahrgenommen werden. Den Weg dorthin haben rund 80 Expertinnen und Experten aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen erarbeitet und mit einer Vision ausgestattet: Bis 2030 soll der Inhalt des gelben Sacks zu 100 Prozent kreislauffähig werden.
„Oberösterreich bildet mit seinen innovativen Unternehmen und Forschungszentren die geballte Kunststoffkompetenz ab. Wo wenn nicht hier können wir den Beweis für nachhaltige Lösungen antreten“, sagt Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner anlässlich der Präsentation des Fahrplans „Roadmap Sustainable Plastic Solutions“.
Erarbeitet wurde die Roadmap von der oö. Standortagentur Business Upper Austria gemeinsam mit dem AIT – Austrian Institute of Technology und mit Unterstützung des BMK– Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
Am Anfang stand eine Vision: Bis zum Ende des Jahrzehnts soll es möglich sein, den Inhalt des gelben Sacks, in dem österreichweit Kunststoffabfälle gesammelt werden, zu 100 Prozent kreislauffähig machen – also stofflich verwerten. Den Weg dorthin haben rund 80 Vertreter:innen aus Forschung und Wirtschaft erarbeitet und in einen konkreten Fahrplan bis zum Jahr 2030 gegossen: die „Technology Roadmap Sustainable Plastic Solutions“.
„Kunststoff und Nachhaltigkeit sind kein Widerspruch. Unsere Standortagentur Business Upper Austria hat daher die Initiative gestartet, um zu zeigen, dass nachhaltige Kunststofflösungen möglich sind. Oberösterreich bildet mit seinen innovativen Unternehmen und Forschungszentren die geballte Kunststoffkompetenz ab. Wo wenn nicht hier können wir den Beweis für nachhaltige Lösungen antreten“, sagt Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner.
Die Roadmap wurde in Kooperation mit dem BMK– Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erarbeitet. Alle relevanten Akteure aus den Bereichen produzierende und verarbeitende Industrie, Lebensmittelproduzenten, Handel, Abfallwirtschaft und Politik haben daran mitgearbeitet, um auszulosten, wo die Lösungen ansetzen sollen. So waren beispielsweise der Handel mit der Verpackungsindustrie und den Abfallverwertern an einem Tisch.
„Warum das so wichtig ist, zeigen die Ergebnisse: Alle Beteiligten in der Kunststoffwirtschaft müssen zusammenarbeiten, um zu einem nachhaltigen, kreislauffähigen Einsatz von Kunststoff in der Verpackung zu kommen. Aktuell umfasst der Fahrplan bis 2030 drei große Themenfelder, in denen künftig an konkreten Lösungen gearbeitet wird. Verknüpft wird die Roadmap auch mit der oberösterreichischen Wirtschafts- und Forschungsstrategie #upperVISION2030“, erläutert Landesrat Markus Achleitner.
Da sich nicht alle Probleme technologisch lösen lassen, sind auch die Rahmenbedingungen ein entscheidender Faktor. Diese reichen von gesetzlichen Regelungen zum Rezyklateinsatz über das Bewusstsein für Mülltrennung bis zum Image von Kunststoffverpackungen.
Bereits während der Arbeit an der Roadmap sind konkrete Ideen und sogar schon Projektgruppen entstanden.
„Ein österreichisches Leitprojekt ist das Forschungsprojekt circPLAST-mr, in dem unter Leitung von Prof. Reinhold Lang vom Bereich Kunststofftechnik hier an der Johannes Kepler Universität Linz insgesamt 25 Partner:innen aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft an der Verbesserung von mechanischem Recycling arbeiten“, freut sich Landesrat Markus Achleitner: „Dies ist ein Projekt, das sogar europaweit einzigartig ist und Vorbildcharakter hat.“
Auch aus einer Förderausschreibung des Landes OÖ sind bereits fünf konkrete Forschungsprojekte hervorgegangen:
Ein weiteres Beispiel aus dem Themenfeld Bewusstseinsbildung ist die Kunststoff-Lehrmittelbox für Jugendliche zwischen 11 und 14 Jahren. Die Lehrmittelbox samt Begleitmaterial knüpft an die Lehrpläne der Sekundarstufe I (Unterstufenschulen: AHS, NMS) an und verbindet Fächer wie Chemie, Physik, Biologie und Umweltkunde, Geografie und wirtschaftliche Bildung bis hin zu Berufsorientierung und Bildnerische Erziehung. Das Material eignet sich aber ebenso für den Einsatz in außerschulischen Fortbildungen mit Fokus auf Kreislaufwirtschaft, Umweltbildung und Nachhaltigkeit. „Durch die Bandbreite der Anwendungsbeispiele wird Jugendlichen der richtige Umgang mit Plastik praxisbezogen vermittelt“, sagt Wirtschafts-Landesrat Achleitner. Entwickelt wurde die Box, die 14 Anwendungsbeispiele für die Praxis enthält, vom Kunststoff-Cluster in Zusammenarbeit mit der Education Group.
>> Mehr Infos zur Lehrmittelbox
Darüber hinaus beschäftigen sich aktuell 15 weitere Projekte in den Clustern von Business Upper Austria mit Lösungen für Kreislaufwirtschaft – vom Recycling von EPS (Dämmung und Polystyrolverpackungen) bis zur Digitalisierung der Abfallwirtschaft.
Die Johannes Kepler Universität Linz leitet mit ihrem Institut für Polymeric Materials and Testing das Forschungsprojekt circPLAST-mr, das sich mit dem mechanischen Recycling von Kunststoffen beschäftigt. Insgesamt arbeiten 25 namhafte Partner:innen aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammen, um den Wertschöpfungskreislauf des Recyclingprozesses zu optimieren und letztlich Plastikabfall in der Umwelt zu vermeiden. Im Projekt kooperieren viele wichtige Akteur:innen der Kunststoffwirtschaft und Abfallwirtschaft mit namhaften Forschungseinrichtungen. Gemeinsam decken sie den gesamten Wertschöpfungskreislauf für das mechanische Recycling von Kunststoffen ab, was die Einzigartigkeit dieses Leitprojekts unterstreicht.
Das Leitprojekt verfolgt vier Hauptziele:
Aufbauend auf den Forschungsergebnissen und dem signifikanten Wissens- und Kompetenzaufbau soll es gelingen, die Recyclingquote von Kunststoffen bis 2030 deutlich zu erhöhen. Das in Kürze startende Projekt mit einem Forschungsbudget von 6,2 Millionen Euro läuft bis März 2026 und wird vom Klimaministerium mit 4 Millionen Euro gefördert.
Reinhold Lang, Institutsvorstand und Professor am Institut für Polymeric Materials and Testing der JKU und Projektleiter von circPLAST-mr erklärt:
„Mit dem vom Klimaministerium (BMK) geförderten Leitprojekt circPLAST-mr ist es uns gelungen, ein Forschungsvorhaben zu konzipieren, dessen Projektvolumen, Projektdesign und Partner:innenstruktur international Beispiel gebend sind. Damit wollen wir die Möglichkeiten der mechanischen Wiederverwertung von Kunststoffen und den Einsatz von Rezyklat-Kunststoffen auf eine neue Ebene heben. Zugleich entstehen mit der oberösterreichischen Roadmap 2030 tolle Synergien, die es ermöglichen, dass wir gemeinsam noch effektiver vorankommen.“
JKU Rektor Meinhard Lukas betont:
„Kreislaufwirtschaft ist eines der wichtigsten Themen unserer Zeit und es freut mich daher sehr, dass die JKU hier eine Vorreiterrolle auf dem Gebiet der Kunststoffe einnimmt. Um Plastikabfall zu reduzieren, braucht es aber viele Perspektiven. Daher werden in das Leitprojekt circPLAST-mr neben Werkstoff- und Prozesstechnik auch Zukunftstechnologien wie KI oder Data Science einfließen. Durch die Bündelung vieler Kompetenzen und Disziplinen kann es gelingen, das mechanische Recycling noch wirksamer zu machen.“
>> Weitere Informationen zum Projekt
Die Zahlen und Vorgaben sind eindeutig: Zur Umsetzung des EU-Recyclingziels, demzufolge bis 2030 55 Prozent der Kunststoff-Verpackungsabfälle recycelt werden sollen, müssen die dadurch produzierten mehr als 10 Mio. Tonnen Rezyklat auch in Endprodukten verarbeitet werden. Aktuell liegt die Menge bei ca. einem Drittel dieses Zielwertes.
„Die Roadmap hat gezeigt, dass wir in Oberösterreich bereits viel Know-how und F&E-Infrastruktur haben. Dieses gilt es weiter auszubauen und zu vernetzen, um die richtigen Partnerschaften für konkrete nachhaltige Kunststofflösungen anbieten zu können. Mit den erarbeiteten Lösungen kann unsere Region für die Umsetzung des European Green Deal international wieder zum Vorreiter werden“, ist Manfred Hackl, CEO der EREMA-Group und Beiratssprecher des Kunststoff-Clusters überzeugt.
Dank seiner Eigenschaften ist Kunststoff per se gut für die Kreislaufwirtschaft geeignet. Er ist langlebig, leicht, energieeffizient zu recyceln und einfach zu verarbeiten. Voraussetzung dafür ist, dass die Kreislauffähigkeit schon beim Produktdesign mitbedacht. Und: Alle müssen zusammenarbeiten – von der Raffinerie über die Erzeuger, den Händler und die Abfallwirtschaft bis zum Konsumenten. Dieser Ansatz wird auch in der Roadmap verfolgt.
Beispielhafte Maßnahmen der Technologie Roadmap:
„EREMA hat die Entwicklung der Recyclingtechnologien maßgeblich vorangetrieben“, so Manfred Hackl. „Diese Innovationskraft belegen 115 Patentfamilien mit mehr als 1.000 Patenten. Im Bereich PET Bottle to Bottle Recycling ist Kreislaufwirtschaft bereits seit einigen Jahren ein etablierter Prozess, und mit einem speziell konfigurierten Recyclingverfahren lassen sich mit EREMA Technologie auch HDPE-Lebensmittelbehälter wieder zu Regranulat für die Produktion neuer Lebensmittelbehälter verarbeiten.“
Mit dieser Innovationskraft will man auch die nächsten Herausforderungen angehen.
„Wir beschäftigen uns intensiv mit weiteren Lösungen für lebensmitteltaugliche Anwendungen, für die Entfernung von Druckfarben beim Folienrecycling und mit Recyclingtechnologien für Kunststoffabfälle für die es derzeit noch keine zufriedenstellende Lösung im Sinne der Kreislaufwirtschaft gibt“, so Manfred Hackl.
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