Mönchspfeffer statt Ylang-Ylang

Ätherische Öle und Räucherpellets aus heimischen Heilpflanzen

Das Projektteam will aus heimischen Pflanzen, wie der Heilpflanze Mönchspfeffer, ätherische Öle und Räucherpellets machen (v.l.): Doris Gansinger (BioFM Gansinger GmbH), Mattäus Diermayr (DIKATECH GmbH). © Business Upper Austria
Das Projektteam will aus heimischen Pflanzen, wie der Heilpflanze Mönchspfeffer, ätherische Öle und Räucherpellets machen (v.l.): Doris Gansinger (BioFM Gansinger GmbH), Mattäus Diermayr (DIKATECH GmbH). © Business Upper Austria
Auch das Moxakraut kann als Basis für ätherische Öle und Räucherpellets dienen (v.l.): Doris Gansinger (BioFM Gansinger GmbH), Daniel Fuchs (Sensoleo e.U.), Mattäus Diermayr und Michael Kasteneder (DIKATECH GmbH). © Business Upper Austria
Auch das Moxakraut kann als Basis für ätherische Öle und Räucherpellets dienen (v.l.): Doris Gansinger (BioFM Gansinger GmbH), Daniel Fuchs (Sensoleo e.U.), Mattäus Diermayr und Michael Kasteneder (DIKATECH GmbH). © Business Upper Austria

26.11.2021

Ätherische Öle zur Vorbeugung, Therapie und Nachbehandlung von Krankheiten bei Tier und Mensch aus heimischen Kräutern und Heilpflanzen – das wollen drei Kleinstunternehmen aus dem Innviertel produzieren. Aus den destillierten Pflanzenresten sollen Pellets gepresst werden, die zum Räuchern oder als Nahrungsergänzung im Tierfutter verwendet werden können. Für das Forschungsprojekt gibt es jetzt Fördergeld vom Wirtschaftsministerium. Die Förderzusage erfolgte unter anderem dank Förderberatung der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria.

Die Nachfrage nach ätherischen Ölen aus Kräutern und Heilpflanzen steigt. Derzeit stammen die Pflanzen meist aus dem Ausland, manche exotischen Rohstoffe wie Ylang-Ylang oder Frangipani sind auch noch weit gereist. Viele Heilpflanzen, die auch in unseren Breiten gedeihen – beispielsweise Mönchspfeffer oder Moxakraut – werden für die Ölerzeugung noch nicht genutzt. Das wollen die DiKATECH GmbH aus Wippenham, die BioFM Gansinger GmbH aus Aurolzmünster und Sensoleo aus Esternberg ändern. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt wollen sie heimische und heimisch gewordene Pflanzen finden, die sich für ätherische Öle oder Räucherpellets eignen und Anbaukriterien entwickeln.

 

Kriterien für Destillation ermitteln

Dafür müssen die Pflanzen destilliert werden. In einer Reihe von Versuchen wollen die Projektpartner die richtigen Einstellungen für die Destilliervorgänge herausfinden und als Kriterien festlegen. „Für eine optimale Ölausbeute muss das Pflanzenmaterial mehrfach destilliert werden, um entsprechende Kriterien festlegen zu können. Dazu zählen der Erntezeitpunkt, ob die Pflanze frisch oder getrocknet destilliert werden muss, die optimale Kühlwassertemperatur und die Füllmenge“, erklärt Daniel Fuchs, der mit seinem Unternehmen Sensoleo seit 2017 in Esternberg regionale ätherische Öle und Hydrolate mit Wasserdampfdestillation erzeugt. Die Restwärme aus der Destillation wird für das Trocknen der Pflanzenreste verwendet.

 

Therapiepotenzial erforschen

Der nächste Schritt ist das Erforschen und Evaluieren des therapeutischen Potenzials. Hier kommt Doris Gansinger, Fachtierärztin für Geflügel in Aurolzmünster, ins Spiel. Sie beschäftigt sich seit 20 Jahren mit dem Einsatz von Kräutern bei Tieren. Mit ihrer BioFM Gansinger GmbH entwickelt und vertreibt sie spezifische Kräuterfuttermittel für Tiere und beschäftigt sich mit der Entwicklung ätherischer Ölmischungen. Wissenschaftlich begleitet wird die Forschungs- und Evaluierungsarbeit von Wolfgang Steflitsch, Facharzt für Lungenheilkunde am Otto-Wagner-Spital in Wien und Vize-Präsident der Österreichischen Gesellschaft für wissenschaftliche Aromatherapie und Aromapflege (ÖGwA), sowie Universitätsprofessor Chlodwig Franz, ehemaliger Vorstand des Instituts für Tierernährung und funktionelle Pflanzenstoffe der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

 

Ökologische Wiederverwertung

Die Pflanzen werden nicht nur für die Gewinnung von ätherischen Ölen und Hydrolaten eingesetzt, die Neben- und Restprodukte aus der Destillation werden im Anschluss zu hochwertigen Räucherpellets oder Ergänzungsfuttermittelpellets gepresst. „Die Destillatreste, also die ausdestillierten Pflanzen, und Nebenprodukte wie das Hydrolat enthalten viele wertvolle funktionelle Pflanzenstoffe und können in Form von Kräuter-Hydrolat-Pellets als Nahrungsergänzung verwendet werden. Pflanzen mit hohem Protein- und Ölgehalt können für spezielle Tierernährungszwecke wie Eiweiß- und Energieergänzung verwendet werden“, erklärt Doris Gansinger. Mit den Räucherpellets kann man Ställe und Wohnräume hygienisierend räuchern. „Je nach Inhaltsstoffen kann der Einsatz dieser Pellets auch als Einstreu- oder Düngemittelpellets sinnvoll sein. Vor allem der Einsatz als hygienisierende Einstreupellets in der Geflügelhaltung wäre interessant“, ergänzt die Tierärztin.

 

Testcenter für Pellets

Im Testcenter der DiKATECH GmbH in Wippenham können die verschiedenen Materialien pelletiert werden, dabei ist die Materialfeuchtigkeit und Beschaffenheit entscheidend. Die Zerkleinerungstechnik und die Matrizen müssen auf jedes Material angepasst werden. Durch das Know-how, das bei diesen Tests aufgebaut wird, können neue Anlagen und Verfahren entwickelt werden. Die 2019 gegründete DiKATECH GmbH entwickelt mit Landwirten und Kleinunternehmen individuelle Konzepte, um ihre Roh- und Reststoffe in verschiedenen Varianten zu pelletieren und der Wertschöpfungskette zuzuführen. „In unserem Testcenter führen wir Testpelletierungen durch, um festzustellen, ob die Pelletierung des Roh- bzw. Reststoffs möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist“, sagt Geschäftsführer Mattäus Diermayr.

 

Nachhaltige Wirkung

Die Kräuter und Heilpflanzen können in der Region kultiviert werden, die Biodiversität verbessern und zu einer Extensivierung von landwirtschaftlichen Flächen beitragen. Denn viele Heilpflanzen sind mehrjährige Kulturen und werden nur einmal im Jahr geerntet. „Das schafft ökologisch wertvollen Lebensraum für Tiere und Insekten. Durch die Nutzung der gesamten Pflanze und den geschlossenen Kreislauf wird eine wirtschaftliche Produktion möglich“, ist Diermayr überzeugt. Außerdem könnte das erweiterte Produktsortiment die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen stärken. Zusätzlich bleibt die Wertschöpfung vom Anbau bis zur Vermarktung in der Region.

 

Arbeitsplätze für die Region

Die Landwirte erhalten eine zusätzliche Einkommensquelle durch den Anbau ertragsbringender Pflanzen. Die Produktion ätherischer Öle aus heimischen Pflanzen stärkt die Nahversorgung. „Wir verringern mit unserem Projekt den Transport aus dem Ausland und damit die Umweltbelastung. Außerdem reduzieren wir die Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten“, betont Sensoleo-Geschäftsführer Daniel Fuchs. Kurzfristig rechnet er damit, dass das Projekt bei allen beteiligten Unternehmen ein bis zwei zusätzliche Arbeitsplätze in der Region schafft. Mittelfristig werden es fünf und langfristig bis zu 15 neue Arbeitsplätze sein.

 

Versuche starten im Herbst 2022

Die Landwirte und Winzer Christian Pumberger und Christian Größlbauer von der Pumberger & Größlbauer OG (Weingut Christian) werden die Pflanzen auf Kleinflächen für Versuche anbauen, um erste Erfahrungen zu sammeln. Dadurch kann das Projektteam bereits im September 2022 erste Versuche starten. Auch Christoph Spieler, Landwirt aus Eberschwang, will auf seinen Äckern Heilpflanzen anbauen sowie den Stall seiner Milchkühe mit den Pellets räuchern.

 

Lokale Vertriebspartner

„Speziell die Blätter und der Trester aus dem Weinbau sind für das Projekt interessant“, meint Tierärztin Doris Gansinger. Sie wird mit ihrem Unternehmen BioFM Vermarktung und Vertrieb der neuen Produkte übernehmen. Unterstützung kommt auch vom aromaForum Österreich, dem Verein und Forum für alle „ÄtherischÖl-Interessierten“. Auch lokale Partner sollen für den Vertrieb ins Boot geholt werden. Das Weingut Christian in Mehrnbach wird die Produkte ebenfalls in sein Sortiment aufnehmen.

 

Professionelle Beratung

Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) fördert das Projekt im Rahmen des „Österreichischen Programms für ländliche Entwicklung LE 14-20“. Die Förderung erfolgt durch einen Zuschuss von 70 Prozent der anrechenbaren Projektkosten. Diese Förderzusage kam nicht zuletzt durch die Beratung der Expert*innen von Business Upper Austria, der oberösterreichischen Standortagentur, zustande. Klara Wagner, Projektmanagerin in der Abteilung Investoren- und Standortmanagement, initiierte das Kooperationsprojekt. Sie hat die Unternehmen über die Förderung informiert, gemeinsam mit ihnen Projektideen gesammelt und bei der Formulierung der Projektskizze für den Förderantrag unterstützt. „Die DiKATECH GmbH ist dabei sozusagen ein Wiederholungstäter“, sagt Wagner. „Denn das junge Unternehmen hat unsere Beratungsdienstleistung bereits 2019 bei der Investition in das neue Testcenter in Anspruch genommen.“

 

Förderberatung

Am Business Upper Austria-Fördertelefon beraten Expertinnen und Experten zu aktuellen Förderprogrammen und individuellen Förderanliegen:
+43 732 79810-5420
foerderungen@biz-up.at
www.biz-up.at/foerderberatung
 


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