22.12.2021
Hanf besitzt natürliche viruzide, bakterizide und fungizide Eigenschaften. Die React Oxygen+Sportswear GmbH aus Mondsee, die Schneider GmbH, Eigentümerin der Webfabrik Haslach, und das Österreichischen Forschungs- und Prüfinstitut (OFI) in Wien wollen nun gemeinsam nachweisen, dass Hanf auch in gewebter oder gestrickter Form diese Eigenschaften behält.
Der Cleantech-Cluster der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria hat das Projekt „NOPE“ initiiert und die passenden Partner zusammengebracht. Das Projekt wird aus Mitteln der oö. Wirtschafts- und Forschungsstrategie #upperVISION2030 vom Land Oberösterreich gefördert. NOPE steht für „Natural-fibre fOr PrevEntion“. Ziel des Forschungsprojekts ist, Krankheitserreger durch Textilien zu minimieren oder unschädlich zu machen. Dafür setzen die Projektpartner auf Hanf, der von Natur aus eine viruzide, bakterizide und fungizide Wirkung besitzt. Diese wurde auch schon in wissenschaftlichen Studien bestätigt. Durch Be- und Verarbeitung der Fasern zu Textilien geht diese Wirkung aber oftmals verloren. Die beiden Unternehmen und das Forschungsinstitut OFI wollen nun herausfinden, ob es geeignete Verfahren gibt, die diese Eigenschaften erhalten. Gleichzeitig soll die Hautverträglichkeit gewährleistet sein. Auf Basis der Prüfergebnisse sollen neue textile Produkte entwickelt werden, die zur Eindämmung von Krankheiten wie COVID-19 beitragen.
Dabei hat Hanf noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Er besitzt eine hervorragende Ökobilanz. Denn die Nutzpflanze braucht schon beim Anbau eher anspruchslose Böden und wenig Wasser. Der Einsatz von umwelt- und gesundheitsschädlichen Pflanzen- und Schädlingsbekämpfungsmitteln ist nicht nötig. Und bei der Verarbeitung zu Fasern und Textilien werden um ein Vielfaches weniger Ressourcen benötigt als beispielsweise bei Baumwolle. Hanf gehört zu den ältesten und vielfältigsten Kulturpflanzen der Menschheit. Er war in Europa ein ökonomisch wichtiger Rohstoff für Fasern, Nahrungsmittel und Medizin. Eine viruzide bzw. bakterizide Wirkung der Hanffaser wurde schon teilweise durch wissenschaftliche Publikationen bestätigt.
Die Eigenschaften sollen nun vom Forschungsinstitut OFI bestätigt werden. Bei positiven Resultaten ergeben sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten in der Medizintechnik und Textilindustrie. „Ich denke an einen weiterentwickelten Mund-Nasen-Schutz oder an wiederverwendbare Textilien für Sportbekleidung oder für die Lebensmittelbranche, die unter wesentlich milderen Energie- und ressourcenschonenden Bedingungen gereinigt werden können“, sagt Gerald Beck, Geschäftsführer der React Oxygen+Sportswear GmbH und Projektkoordinator bei NOPE.
Die React GmbH vertreibt patentierte Hanf-Sportkleidung und kann daher die nachgewiesenen Funktionalitäten auf bestehende Hanfprodukte übertragen. Das Unternehmen produziert außerdem zunehmend unter Nachhaltigkeitsaspekten. „Durch die zusätzlichen positiven Produkteigenschaften könnten wir unser gesamtes Produktportfolio erheblich aufwerten und weitere Anwendungen z. B. im Krankenhaus oder bei Arbeitsbekleidung als zusätzliches Geschäftsfeld erschließen“, ergänzt Beck.
Die Firma Schneider GmbH ist im Projekt – unter anderem – verantwortlich für die Herstellung des Hanfgewebes als Basis für die Werkstoffprüfungen. „Da wir in der Webfabrik Haslach gegenwärtig Baumwolle verarbeiten, können wir vergleichbare Fasern in den Produktionsprozess aufnehmen“, sagt Betriebsleiter Willibald Hackl. „Bei positiven Prüfergebnissen ergeben sich beispielsweise neue Produkte wie gesundheitsschonende Bettwäsche, die Verwendung als Mund-Nasen-Schutz sowie weitere Anwendungen in der Medizintechnik.“ Hackl hat bereits einen baumwollbasierten Mund-Nasen-Schutz entwickelt. Diese Erfahrung wird in das Projekt NOPE einfließen.
Neben der Initiierung des Projekts und der Zusammenstellung des Projektkonsortiums hat der Cleantech-Cluster (CTC) der oö. Standortagentur Business Upper Austria beim Förderantrag und dessen Einreichung unterstützt sowie das Projektmanagement übernommen. Der CTC fungiert auch als Schnittstelle zu anderen Branchen-Clustern wie dem Medizintechnik- und Lebensmittel-Cluster, um ein Netzwerk für Folgeprojekte in diesen Branchen aufzubauen. „Hanf war und ist ein zukunftsfähiger nachwachsender Rohstoff, dessen intelligenter Einsatz Ressourcen und Energie schont. Aufbauend auf diesem Projekt können vielfältige klimaschonende Wertschöpfungsketten entwickelt und der Produktionsstandort Oberösterreich weiter ausgebaut werden“, begründet CTC-Projektmanager Dorian Wessely sein Engagement.
Die vorgelagerte gemeinsame Recherche hat übrigens keine vergleichbaren am Markt etablierten Hanf- bzw. Naturfaserprodukte gefunden, deren Funktion, Krankheitserreger zu minimieren oder unschädlich zu machen, wissenschaftlich geprüft wurde. „Das Forschungsinstitut OFI kann mit diesem Projekt nicht nur zusätzliche Referenzen generieren, sondern bestehende Prüfverfahren verbessern, ausbauen und auf weitere Naturfasern adaptieren. Der generierte Wissensaufbau ist für einen externen wissenschaftlichen arbeitenden Dienstleister ein enormer Wettbewerbsvorsprung“, betont Gabriele Ettenberger-Bornberg vom Österreichischen Prüfinstitut.
Für alle Projektpartner ist eine Verbesserung der Wettbewerbsposition sowie eine erhöhte Wertschöpfung in der Region zu erwarten. Denn oberösterreichische Unternehmen können sich mit Responsible Technologies im Sinne einer nachhaltigen und biobasierten Industrie auch international platzieren und so den technologischen und wirtschaftlichen Vorsprung der Unternehmen am Standort Oberösterreich weiter vorantreiben. Aufbauend auf den Projektergebnissen könnten weitere Medical Materials auf Basis nachwachsender Rohstoffe entwickelt werden. Der Aufbau von nachhaltigen biobasierten Wertschöpfungsketten in Oberösterreich erschließt neue Geschäftsfelder und zukunftsfähige Produkte. Der Aufbau von Know-how in der Umwelt- und Medizintechnik wird forciert und schafft Arbeitsplätze.
Die Smart Specialization Strategy des Landes Oberösterreich – enthalten in der Wirtschafts- und Forschungsstrategie #upperVISION2030) sieht den Ausbau einer effizienten und nachhaltigen Industrie sowie Produktion in Österreich vor. Dazu sollen Verfahren mit flexiblem Rohstoffeinsatz entwickelt werden, die die Versorgungssicherheit erhöhen und die Nutzung von Rest- und Rohstoffen ermöglichen. Hanf ist als Naturfaser kompostierbar. Somit geht bereits das nachhaltige Produktdesign in Richtung Kreislaufwirtschaft. Vergleichbare biobasierte Zellulose aus Baumwolle kämpft mit enormem Wasserverbrauch in der Herstellung und steigendem Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln zur Schädlingsbekämpfung. Diese gelangen oft in den menschlichen Organismus. Hanfanbau lässt sich ohne intensive Vorkehrungen zur Schädlingsbekämpfung bewerkstelligen. Das schont Ressourcen, den menschlichen Organismus und die Biodiversität in den Anbaugebieten. Die Stoffliche, kommerzielle Nutzung umweltschonender Ressourcen speichert außerdem CO2 und vermindert Treibhausgasemissionen.
Naturmaterialien wie Hanffasern sind hydrophil, da die Hydroxylgruppen mit Wasser gut abreagieren. Vor allem Lignin ist dafür verantwortlich, dass das Wasser auch in der Pflanze eingeschlossen wird. Dieser Umstand ist sehr wichtig, da auf absorbierenden Materialien pathogene Keime (z. B. auch Viren) nicht so stabil sind wie auf glatten nicht absorbierenden Oberflächen. Weiters von großer Bedeutung sind die antimikrobiellen Eigenschaften, die durch Phenole im Hanf bedingt sind. Weiters wurden sowohl freie als auch veresterte Sterole und Triterpene identifiziert, darunter β-Sitosterol und β-Amyrin, die antimikrobielle Eigenschaften aufweisen.
Dieses Projekt wird aus Mitteln der oö. Wirtschafts- und Forschungsstrategie #upperVISION2030 vom Land OÖ gefördert.
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